Meine erste Lomo

Schon lang spiele ich mit dem Gedanken mir eine Lomo zu kaufen. Nun fragt Ihr vielleicht: „Warum? Du hast doch schon so viele Kameras und noch dazu technisch so tolle. Die Lomo’s haben doch immer so einen unperfekten Bildlook und sind die nicht häufig eher nur ein besseres Spielzeug?“

Tja und falls Ihr nun wirklich genau das fragt, dann habt Ihr euch die Antwort schon selbst gegeben. Genau das unperfekte gefällt mir daran. Ihr müsst wissen, ich hab einen mittelschweren Hang zum Perfektionismus. Und so schön sich das erstmal anhört, alles möglichst gut machen zu wollen, oft schränkt mich genau das in meiner Kreativität eher ein. Wenn ich weiß, das könnte nicht perfekt werden, dann lass ich es vielleicht gleich lieber ganz. Ist irgendwie auch blöd, oder?

Tja und da kam die Lomography ins Spiel, die lebt ja vom Zufall und vom nicht perfekten. Und so bin ich nun seit Monaten um die Lomography BelairX612 rum geschlichen. Ich hab ja mit der Hasselblad schon die perfekte Mittelformatkamera, da brauch ich ja eigentlich nicht noch eine. Aber die Belair wollte mir einfach nicht aus dem Kopf. Warum genau die? Erstmal tatsächlich wegen des Mittelformats. Die riesigen Negative mit der tollen Auflösung und dem Spiel mit der Tiefenschärfen haben es mir einfach angetan. Zudem kann die Belair nicht nur Bilder im Format 6×6 aufnehmen, sondern auch 6×9 und 6×12 was mich besonders reizt. Panoramabilder im Mittelformat, das wäre mal was. Zudem gibt es für die Belair auch noch einen Wechselrücken, mit dem man 35mm Film auf der ganzen Breite, also über die Perforation hinaus belichten kann. Das wollte ich schon lang mal ausprobieren. Für irgendwelche Bastelexperimente war mir die Hasselblad aber immer zu schade. Last but not least, ich finde sie auch noch extrem schön, Kameras mit Faltenbalg kann ich sowieso nur sehr schwer widerstehen.

Naja, lange Rede, kurzer Sinn, Ihr wisst sicher worauf der Text hier hinaus läuft. Ja, die Lomography BelairX612 ist vor ein paar Wochen bei mir eingezogen.

Noch verpackt, die BelairX612 und der dazu passende 35mm Rücken.

Und letztes Wochenende ging’s dann für uns beide mit ein paar Filmen bewaffnet auch endlich das erste mal auf Tour.

Fast startklar, die Belair mit den beiden Wechselobjektiven und Suchern, der 35mm Wechselrücken und diverse Farb- und S/W-Filme.

Bisher soviel, die Bedienung ist etwas anders, als man es sonst so gewohnt ist, sie ist sicher kein Spielzeug, eher im Gegenteil. Man kann sehr gute Bilder mit ihr machen, aber man muss wissen wie. Die ersten Bilder werdet Ihr in Kürze hier finden. Und auch zur Benutzung der Kamera und ihren Besonderheiten werde ich noch einen Beitrag einstellen. Ich glaube schon jetzt, es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. 😃

Ganz nah ran

Eine meiner Leidenschaften ist die Makrofotografie. Ich liebe es, alles was klein und unscheinbar ist ins richtige Licht zu rücken und Dinge zum Vorschein zu bringen, die man im Alltag nicht so wahrnimmt.

Und um Bilder mit einer starken Vergrößerung aufzunehmen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Als erstes natürlich die Makroobjektive, diese arbeiten mit einem kleinen Arbeitsabstand und entsprechenden Linsen. Leider sind die meist recht teuer und auch nicht immer so leicht zu finden, zumindest bei sehr alten Kameras wird’s da nicht gan einfach.

Als zweite, weit verbreitete Möglichkeit bieten sich so genannte Makrovorsätze an. Das sind Linsen, die man vorn aufs Objektiv drauf schraubt. Die funktionieren einfach gesagt wie eine Lupe.

Dann gibt es noch so genannte Umkehrringe, die ermöglichen es, das Objektiv verkehrt herum an die Kamera anzuschließen. Das nennt sich dann Reprostellung. Da wird die Vergrößerung dann sehr hoch, die Fokusebene aber extrem klein. Das ganze ist recht kompliziert zu handhaben.

Und als letztes gibt es die Möglichkeit den Abstand zwischen Objektiv und Kamera zu vergrößern. Jetzt fragt ihr euch vielleicht, wie das gehen soll? So ein Objektiv schwebt ja nun mal nicht vor der Kamera, sondern wird vorn fest angeschraubt und wenn es schweben würde, käme ja Licht rein, wo es nicht soll. Da habt ihr natürlich vollkommen Recht. Für so ein Unterfangen gibt es Makroringe oder auch Balgen, die lichtdicht sind und sowohl an das Objektiv als auch an die Kamera angeschraubt werden. Aussehen tut das ganze dann wie folgt, im ersten Bild seht ihr die Makroringe und im zweiten einen Balgen, in diesem Fall jeweils mit der Hasselblad 1000f zu benutzen.

Zwischenringe
Balgen

Die Zwischenringe ermögliche eine feste Änderung des Abstandes zwischen Objektiv und Kamera und somit eine feste Änderung des Abbildungs-maßstabs. Der Balgen hingegen hat den Vorteil, dass die Vergrößerung variabel eingestellt werden kann, je nach Länge des Auszugs.

Jetzt könnte man ja denken: „Klasse, alles nur zusammenschrauben und los gehts!“. Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn auch mit Zwischenring und Balgen wird der nötige Abstand zu Objekt der Begierde bzw. der gewünschten Abbildung mit zunehmender Vergrößerung immer kleiner (bis zu wenigen Zentimetern) und der Bereich der Fokusebene (Schärfentiefe) ebenso (wenige Millimeter auch im abgeblendeten Zustand). Oder kurz gesagt zu fokussieren und den Fokus zu halten wird immer kniffliger.

Da man stärker Abblenden muss, wenn man nicht nur einen winzigen Bereich im Bild scharf haben will, muss man schon von Haus aus mit längeren Belichtungszeiten rechnen. Gleichzeitig kommt erschwerend hinzu, dass ein größere Abstand zwischen Film bzw. Sensor (mit der Digicam geht das natürlich auch) und Objektiv zusätzlich jede Menge Licht schluckt, dass nennt man dann Verlängerungsfaktor. Um den muss dann die gemessene Belichtungszeit noch verlängert werden. Und so werden aus dem Bruchteil einer Sekunde gern auch mal eine halbe Sekunde oder noch länger. Da gibts Formeln zum Berechnen diese Verlängerungsfaktors, zum Glück gibt’s aber z.B. bei Hasselblad in der alten Anleitung auch ein Diagramm, aus dem man alles nötige ablesen kann.

Umrechnungstabelle aus Hasselblad 1000f Anleitung

Worauf ich hinaus will, Freihand geht da nichts mehr. Also braucht es zusätzlich noch ein Stativ und einen Draht- oder Fernauslöser. Das ganze wird dann schon ein bisschen unhandlich, wie ihr auf dem folgenden Bild sehen könnt. Zum Größenvergleich, Balgen und Kamera zusammen sind in der Einstellung (maximaler Auszug des Balgen) etwa so lang wie ein Unterarm!

Hasselblad 1000f mit Balgen auf Stativ

Aus den ersten Versuchen mit dem Balgen hab ich einiges gelernt, das ich mit euch teilen möchte, vielleicht hilft es ja dem ein oder anderen.

Auf Grund der geringen Schärfentiefe muss die Kamera wirklich sicher stehen, kleinste Verschiebungen führen schon zum Misserfolg. Das Stativ muss also sehr steif sein, die Mittelsäule sollte nicht ausgefahren sein. Zumindest funktioniert es sonst bei meinem Bilora Twister Pro nicht. Selbst das Hochklappen des Spiegels führt schon zu soviel Bewegung im System, dass der Fokus nicht mehr sitzt. Ein Beispiel sehr ihr im nächsten Bild.

Leider leicht verwackelt und das nur durch das Hochklappen des Spiegels.

Punkt zwei für mich war, dass bei so einem umfangreichen Aufbau ein Kugelkopf als Verbindung zwischen Kamera und Stativ auch nur bedingt geeignet ist. Erstens sind auch diese nicht beliebig steif, zweitens ist das Ausrichten auf das Motiv sehr mühselig und beim Verstellen muss man den schweren Aufbau immer sehr gut festhalten, damit beim Lösen der Klemmung am Kugelkopf nicht alles irgendwo hin kippt und eventuell beschädigt wird. Für mich heißt das nun, dass ich mich nach einem neuen Stativ umsehen werde, inklusive 3-Wege Kopf zur Ausrichtung der Kamera.

Nicht weniger wichtig als ein stabiler Stand ist die Art der Auslösung der Kamera. Mit Zwischenringen hab ich das immer noch gut von Hand machen können. Mit dem Balgen funktioniert das nicht mehr, selbst auf dem Stativ nicht. Auch hier kommt zuviel Bewegung in das System, ein Drahtauslöser ist also unbedingt notwenig.

Tja und dann braucht man noch viel Geduld beim Fokussieren, die Schärfeneben ist wirklich verdammt gering. Vor allem, weil man zum Fokussieren ja mit offener Blende arbeitet bzw. arbeiten muss, um überhaupt genug Licht zu haben und etwas zu sehen.

Die ersten brauchbaren Ergebnisse meines Balgen-Experiments findet ihr übrigens im Beitrag „Blütenpracht„. Ich hoffe, meine Ausführungen helfen euch ein bisschen, wenn ihr euch in ein ähnliches Abenteuer wagt oder befriedigen zumindest die Neugier, wie solche Makrobilder so zu Stande kommen.

Zur Wahl des neuen Stativs werde ich berichten, sobald ich da schlauer bin was für mich in Frage kommt.